Lektion Fortschritt:

Der „Vorhang-Fall“:

Liebe Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Kurs „Meister des Raumklimas“,

willkommen bei unserem dritten Praxisfall, in dem Gerüche – und hier auch ganz besonders die gute Nase unserer Auftraggeberin Frau Klinger – eine entscheidende Rolle spielen. Der Fall spielt im privaten, neu erstellen Holzhaus der Familie Klinger.

Die handelnden Personen in dieser Geschichte sind:

  • Ehepaar Klinger und 2 Kinder
  • Holzbauunternehmen Holzinger
  • IQUH GmbH Karl-Heinz Weinisch, Rasmus Bender

Dieser Fall handelt von chemischen Reaktionen zwischen Baustoffen und er zeigt auf, wie wichtig bei diffusen Fehlgerüchen ein intensives Suchen mit allen Sinnen sein kann.

Vorweg sollte man wissen, dass sich die Aufklärung des folgenden Falles insgesamt über mehr als 1 Jahr hinzog. 3 Gutachter und ein Schimmelhund führten Luftanalysen bzw. Messungen durch und die Ergebnisse lagen uns schon vor unserem ersten Termin vor.

Alle Laborauswertungen erbrachten keine auffälligen Schadstoffwerte. Zu erwähnen wäre eingangs noch, dass alle Gutachter primär auf Feuchte- und Schimmelprobleme fokussierten, obwohl die letztendlich ursächliche Geruchsquelle gar keine mikrobiellen Geruchsnoten erzeugte.

Immer öfter zeigt sich in unserem Alltag, dass ein umsichtiger und praxisnaher Menschenverstand und eine gute und differenzierte Sinneswahrnehmung in vielen Problemfällen über den wissenschaftlichen Analyseverfahren stehen können.

Dann an dieser Stelle noch einen Hinweis zu den Grundlagen:
Diesmal geht es bei den grundlegenden Lerninhalten um die „Werkstoffkunde“. Wir wollen auf die Herkunft der Rohstoffe eingehen.
Welche Stoffe können riechen und wie nimmt man den Geruch wahr? Wie beeinflussen unterschiedliche Baustoffe wie Putze und Farben das Raumklima?

Los geht´s in unseren 3. Fall!
Herzliche Grüße
Karl-Heinz Weinisch/ Dr. Roland Falk

1.1. Erfassung Problemstellung

Die Story

In einer südhessischen Kleinstadt, 20 km östlich von Frankfurt wurde 2012 im Neubaugebiet ein Holzhaus mit massiven Brettsperrholzwänden für eine 4 köpfige Familie mit 2 noch kleinen Kindern inkl. einer hochschwangeren Mutter gebaut.

Das Gebäude wurde auf Grund eines hohen Gesundheitsanspruches der Auftraggeber AG mit hochwertigen und ökologischen Baustoffen geplant und gebaut.

Das 2-stöckige EFH hatte keinen Keller und Dachboden. Die Garage stand extra und neben dem Haus. Anlass einer Mängelanmeldung an den Generalunternehmer GU war ein allmorgentlicher Fehlgeruch.

Man vermutete einen Feuchte- und/oder Schimmelschaden. Mehrere Gutachter und ein Schimmelhund hatten sich schon am Auffinden der Feuchtequellen und Geruchsauffälligkeit versucht und es wurden schon mehrere vom Schimmelhund und Gutachter angezeigten Stellen und daher im Verdacht stehenden Wände geöffnet – ohne Befund.

Der 1. Gutachter stellte, wie auch die Bauhherrschaft, bei der Inspektion am 13.05.2014 im Wohn- und Esszimmer einen starken, stechenden Geruch fest, der möglicherweise im Bereich der Außenwand EG und Richtung Terrasse entstehen könnte.

Der mittlerweile eskalierte Rechtsstreit kam zwecks eines Schlichtungsauftrags durch den GU auf den Tisch des IQUH Sachverständigen SV. Er wurde zum Ortstermin mit allen Beteiligten bestellt, um eine Bestandsaufnahme durchzuführen und Sanierungsempfehlungen vorzuschlagen.

Problemstellung/Historie

Seit Einzug 2013 besteht ein Geruchsproblem nur im EG, Wohnzimmer und Gästezimmer. Ein gesundheitsgefährdender Schadstoffverdacht kam vom Auftraggeber. Durchführung von PreCheck mit Produktrecherchen, Raumluftuntersuchungen mit Sensoren, Oberflächenmessung mit Messgeräten, RaumKlimaGüte bestimmen. Schimmelgutachten und Schimmelhundprüfung waren vorhanden – o. verwertbaren Pilzbefund. Unser Sachverständigenbüro wurde zur weiteren Prüfung, Beprobung, Beratung und Schlichtung hinzugezogen

Fall-Chronologie:

  • Telefonkontakt: 16.08.2014
  • 1. Ortstermin-Bestandsaufnahme: 20.08.2014 (Besprechung, Geruchsprüfung, Sensormessung)
  • 2. Ortstermin: 26.09. 2014 (Sensormessung/Raumklima, Raumluftmessung, Oberflächenmessung, Materialprobenahmen für Geruchsprüfung)
  • Geruchsprüfung im eigenen Labor: 31.10.2014 (eigene Glasbeprobung von verschiedenen Materialien)
  • 3. Ortstermin18.04.2015 -Bauteilöffnung außen und Rückbau Putz/Holzweichfaserplatte im Bereich Terrassentüren / West bis zu Abdichtarbeiten an Bodenplatte/Schwellholz. Entnahme von Material für Geruchsprüfung.
  • Geruchsprüfung im eigenen Labor: (bituminöser Dichtstoff, PVC beschichtetes Metall)
  • Schlussergebnis: 25.04. 2015 Empfehlung zur Beseitigung der Geruchsquelle

Auftraggeber: GU und die AG Bauherrschaft mit 2 Kindern

Praxis-Tipp

“Wichtig für uns persönlich und für unseren Bauberuf erscheint einen grundsätzlichen Einblick in die anorganische und organische Chemie zu bekommen.

Nicht die komplizierten chemischen Formeln oder Massenberechnungen sind für unseren Alltag wichtig, sondern praktische Verständnisinhalte zur anorganischen Chemie und seinen Stoffen wie Kalk, Zement, Gips, Silikate und deren Umwelt- und Gesundheitsverträglichkeit und Anwendungsmöglichkeiten.

In der organischen Chemie sind das Öle, Harze, Wachse, Lösungsmittel etc. aus Pflanzen und/oder Erdöl/Kohle/Gas, welche unterschiedliche Umweltprobleme erzeugen.

Eine Auseinandersetzung mit den Baustoffinhaltsstoffen erhöht daher die Beratungskompetenz.”

Karl-Heinz Weinisch
IQUH

Lern-Hinweise

Folgende Begriffe bzgl. Baubereichsproblemen sind wichtig:
1. Autoxidation
2. Lösemittelretention
3. Trocknungsfehler
4. Chemolyse

„W-Fragen“

Fragen:

  • Warum kommen die Kunden wegen Geruchsschäden auf unser Netzwerk?
  • Wie machen wir im Internet in Zukunft auf unsere Leistung aufmerksam?
  • Welche Themen sind für uns als Meister des Raumklimas noch geeignet?
  • Was ist meist die Ursache für solche chemischen Geruchsprobleme?
  • Wer bzw. was trägt die Schuld daran?

1.2. Befragung per Telefon/ Email

Die Story

Durch die Befragung per Telefon am 16.08. 2014 und den Erhalt von Gutachten und Bestandsanalysen konnten wir weitere Informationen einholen:

Bestandsaufnahme Haustyp:

  • Privates Wohnhaus, 2-stöckig freistehend
  • Holzbau Brettsperrholzwände Fichte/Kiefer
  • kein Keller, 1,5 Stockwerke EG/DG, kein Spitzboden

TGA (Technische Gebäudeausstattung):

  • Lüftungsanlage mit WRG nicht in Betrieb (Bauherrin verweigert die Nutzung wegen Verkeimungsgefahr).
  • Gastherme Zentralheizung im EG Hauswirtschaftsraum

Fenster/Türen/Treppe/Möbel:

  • Fenster/Türen/Treppe/Möbel: konventionell mit Kunstharzen beschichtet, Spanplattenmöbel. Große Terrassentüren und Fenster in den Garten/Ri. Westen.

Estrich:

  • konventioneller Zement Anhydrit mit Holz-Weichfaserplattendämmung

Wand/Decke/Boden:

  • Innen: Silikatanstrich auf Fermacell
  • Boden: Holz-Parkett lackiert und Fliesenbeläge konventionell verklebt, silikoniert
  • Außen: Weichfaser Putzträgerplatten und Kalk Mischputz

Materialliste

Caparol-Bio-Innenfarbe

Praxis-Tipp

„Fehlgerüche in Innenräumen bzw. Hygienemängel können extreme Auswirkungen auf die Bewohner haben.

Es gilt festzustellen, ob es sich um gesundheitsgefährdende Schad- oder Gefahrstoffe handeln könnte oder nur um harmlosere Risikostoffe, die den Geruch auslösen.

  • Sind es chemisch oder mikrobiell basierende Geruchsarten?
  • Wie wirkt sich ein Geruch auf die Gesundheit aus?
  • Warum ist ein Bewohner mit einem „kranken“ Geruchsorgan besonders irritiert bei Neubaugerüchen?
  • Was bewirkt die Angst vor einem Neubaugeruch im Körper?“

Karl-Heinz Weinisch
IQUH

Lern-Hinweise

Wir empfehlen die Fragebögen zum Geruch zu wiederholen.

Hinweis Wissens-DB

  • Geruch
  • Geruchsstörung
  • Geruchsarten
    • Geruchsnote = Gn
      Die Geruchsnoten werden unterteilt in chemo-sensorisch (cs) und mikrobiell-sensorisch (ms). Anorganisch geruchsauffällige Materialien (as = anorganisch/alkalisch -sensorisch) sind Zemente und Kalke, die zusammen mit Raumluft- oder Materialfeuchtigkeit alkalisch wirksame Aerosole bilden können, und die ebenfalls die Schleimhäute und die Haut reizen können.
    • Geruchsintensität = Gi:
      Stärke der Geruchsempfindung. Die Geruchsintensität ist die Stärke der Geruchsempfindung, die durch einen Geruchsreiz ausgelöst wird.
    • Geruchshedonik = Gh
      Die hedonische Wirkung ist die Wirkung eines Geruchsstoffs in der Bandbreite der Bewertung zwischen „äußerst angenehm“ und „äußerst unangenehm“
  • Fragebögen Geruch

Zudem sollte das Lernmodul WB3 Werkstoff- und Materialkunde für diesen Fall mit angeschaut werden.

Grundlagen der Baustoffchemie, Bau(stoff)physik, Baubiologie. Vor- und Nachteile von künstlichen und natürlichen organischen Roh- und Baustoffen.
Was bewirken mineralische anorganische Baustoffe oder Mischbaustoffe. Es geht um Bauhilfsstoffe wie Kleb- und Dichtstoffe und deren Einfluss auf die Raumklima- und Raumluftgüte. Welche Werkstoffe haben gute emissionsreduzierende, feuchteausgleichende, antistatische oder antimikrobielle Auswirkungen auf das Raumklima und welche haben negative Risiken. Es werden fachübergreifende Kenntnisse für alle Gewerke wie Raumausstatter, Bodenleger, Stuckateure, Maler, Zimmerer, Schreiner etc. vermittelt.

Filme (Youtube):

Lehmbau

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Kalkbau

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Periodensystem

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Podcast (DLF – Deutschlandfunk): Schadstoffe in Innenräumen

„W-Fragen“

  • Warum sind die Angaben zum Wand-, Decken- und Bodenaufbau wichtig für die Geruchsquellensuche?
  • Welche Informationen kann uns der Kunde oder der Hausersteller zu diesem Zeitpunkt schon geben?
  • Welche Argumente führen zur Beauftragung und warum kann schon die Richtwertabweichung bei nur einem Raumklimaparameter zu einer Mängelanzeige führen?
  • Wie dokumentieren wir die Auftragsdaten/ Informationen von Beginn des Auftrags an?
  • Welche Informationen kann der Kunde für unseren ersten Besuch vor Ort schon vorbereiten, und wie können wir große DIN A 3 Pläne problemlos archivieren?

1.3. Befragung vor Ort

Die Story

Nach dem Telefonkontakt am 16.08.2014 wurde ein Angebot erstellt und eine Auftragsbestätigung erstellt und ein Ortstermin vereinbart.

Die Bestandsaufnahme fand am 20.08.2014 (Besprechung, Geruchsprüfung, Sensormessung) statt.

Auf Grund der gesichteten Gutachterberichte, sind neben der Bestandsaufnahme Sensormessungen und eine Immobilien Zustandsbeschreibung geplant, um dem Auftraggeber und dem Auftragnehmer eine Strategie für eine erfolgreiche Problemlösung vorzustellen, die alle Streitparteien befriedigt.

Eine Kosten- Nutzen Optimierung ist dabei zu berücksichtigen.

Praxis-Tipp

“Vor Messungen oder Mutmaßungen und um vorschnelles Reden zu vermeiden, sollte immer erst das Protokoll beschrieben und vornehmlich erst einmal gefragt, geschaut, gerochen und vor allem außen und innen das Gebäude, Bauteilaufbauten und die Ausstattung, die Haustechnik etc. betrachtet und eingeschätzt werden. “

Karl-Heinz Weinisch
IQUH

Lern-Hinweise

Auftragsakte schon vor dem Termin digital anlegen:
– Auftragsdaten und Angebot
– Bau- und Planungsdaten
– Produktangaben

„W-Fragen“

Fragen:

  • Warum sollten wir vor dem 1. Ortstermin noch alle möglichen Daten vom Gebäude abfragen?
  • Welche Messgeräte könnte man für solch einen Termin mitnehmen und einsetzen?
  • Wie nimmt man eine deeskalierende und schlichtende Gesprächshaltung ein?
  • Wie geht man mit den Parteien um, wenn der Geruch nicht immer feststellbar ist und wie kann man solch einen Geruch neutral und objektiv bewerten?

2.1. Sichtprüfung

Die Story

Zur Erstbegehung am 20.08.2014 (Besprechung, Geruchsprüfung, Sensormessung) bietet sich fast immer eine kurze Bestandsaufnahme an, mit Befragung der AG, der Erkundung des Bauzustandes und die sensortechnische Ermittlung des Raumklimas. Wohnqualität setzt sich aus Parameter wie Behaglichkeit, Raumklimafaktoren wie Raumluftschadstoffe aber auch Schall/Hall, Farben, Licht uvm. zusammen.

Ein Behaglichkeitsprofil erfasst die Befindlichkeitsstörungen, Fehlgerüche oder ein Unwohlsein systematisch nach Ort, Zeit und Intensität.

Diese Befragungen zeigen, dass der MdR den Auftraggeber und seine Nöte ernst nimmt. Später können solche Befragungen auch aus dem Gedächtnis durchgeführt werden, d.h. auch ohne Fragebogen.

Eindringendes Wasser von außen durch Undichtigkeiten, Rohrschäden, aufsteigende Feuchte konnte beim Ortstermin nahezu sicher ausgeschlossen werden.
Wärmebrücken sind nicht vorhanden, Feuchteprobleme werden nahezu sicher ausgeschlossen.

Bestandsaufnahmeformulare zur Hilfe bei der Indiziensuche und Möglichkeit allen Beteiligten eine einheitliche Informationsgrundlage zur Verfügung zu stellen.

  • Gesprächsprotokoll,
  • Geruchsprüfungsbogen,
  • Raumklimamess-Protokoll
  • Vorläufiges Ergebnis ohne ein Indiz für die Geruchsquelle. Alle Sensor-Werte (Geruch, CO2, VOC, Formaldehyd, Feuchte, Temperatur) lagen im Normbereich. Bei allen Ortsterminen hat sich der Geruch schon wieder aufgelöst, den die AG beanstandeten.

Ein von Frau Klinger beschriebener Fehlgeruch konnte beim 1. Ortstermin von keinem der Anwesenden festgestellt werden. Nun war zu überlegen, wo in diesem Gebäude überall Fehlgerüche durch Material- oder Verarbeitungsfehler auftreten könnten.

Sichtprüfung des Außenbereichs auf mögliche Immissionen, die in den Innenraum eindringen könnten.

Daraufhin wurden aus dem Außenbereich Materialproben zur Prüfung mitgenommen.

  • Materialprüfung – Unkrautfolie unter der Terrasse
  • Materialprüfung – Noppenfolie Betonplatte untersucht ( Klimabox 28°C )
  • Untersuchung des Innenbereichs auf mögliche Emissionen aus Bauteilen, Oberflächen, Möbeln, Einrichtungsgegenständen, Kosmetika, Wasch- und Reinigungsmittel.

Ergebnis Sichtprüfung:

  • Keine auffälligen Inhaltsstoffe in den verwendeten Bauprodukte
  • Wände/Decken/Böden innen und außen hatten keine Sichtmängel
  • Keine auffälligen Inhaltsstoffe bei Wasch- und Reinigungsmitteln
  • Keine erkennbaren oder sichtbaren Außenquellen wie Tankstellen, Industrie, Verkehr etc.
  • Auffällige Gartenfolie (Nachbar), auffällige Noppenfolie, Polymer-Dämmstoff/Betonboden, Unkrautvlies unter Terrasse, Terrassenmaterial Holz mitgenommen und im Wärmeschrank untersucht.

Sichtprüfung innen

Beschreibung:

Oberflächen
Keine Inhaltsstoffindizien/ Auffälligkeiten (Verfärbungen, Abplatzungen ….) auf Wänden und Böden innen und außen

Reiniger – Etikettprüfung
Keine geruchsauffälligen Inhaltsstoffe bei Putz-, Wasch- und Reinigungsmittel

Möbel/ Raumausstattung
Keine Auffälligkeiten

Sichtprüfung aussen

Beschreibung:

Keine erkennbaren oder sichtbaren Aussenquellen wie Tankstellen etc..

Kein Keller vorhanden.

Praxis-Tipp

“Wir raten den MdR bei solchen Terminen vorher ausgedruckte Prüf- und Fragebögen zu verwenden, da man mit der rot-gelb-grün Kennzeichnung auch sofort Argumente leichtverständlich vermitteln kann. Dadurch erzeugt man höhere Kompetenz und einen Anschein von Autorität. “

Karl-Heinz Weinisch
IQUH

Lern-Hinweise

Begriffe in unserem Lexikon (wenn unterstrichen) oder Wikipedia recherchieren und lernen sowie die Bilder unten gründlich anschauen:

„W-Fragen“

Fragen:

  • Wie finde ich die relevanten Stellen für die Sichtprüfung?
  • Welche Vorinformationen wären noch nötig?
  • Wie könnte man sich nun auf die neuen Termine vorbereiten?
  • Woher? Kommen die Gerüche aus Hohlräumen der Konstruktion oder direkt von den Oberflächen?
  • Wann? Da der Geruch nur an bestimmten Tageszeiten entsteht und auch relativ schnell wieder im Tagesverlauf verschwindet und auch bis abends bei geschlossenen Türen nicht ansteigt, ist die Suche nach Indizien erschwert.
  • Wie könnte der Geruch entstehen und wie setzen sie sich zusammen?
  • Wie könnte man ihn messtechnisch detektieren?
  • Welche Messverfahren wären sinnvoll und was kosten sie?

2.2. Geruchsprüfung

Die Story

Bei diesem 1. Termin mit Bestandsaufnahme fand auch eine Geruchsprüfung als Momentbetrachtung zur Hilfe bei der Indiziensuche statt.

Auf Grund von Erfahrungen werden bestimmte Vorgehensweisen von vornherein ausgeschlossen und die Suche nach dem Geruch beginnt auf Basis von Indizien aus den Gesprächen mit den Beteiligten und den bekannten Baustoffemissionen oder Haushaltsreiniger etc..

Auch der Außenbereich muss dringend mit einbezogen werden wie nachbarschaftliche Industrie, Landwirtschaft, Tankstellen oder angrenzende Geruchsquellen wie frisch gestrichene Gartenhäuschen.

Zur Bestandsaufnahme zählt auch die Einsicht in:

  • Produktdeklarationen
  • Sicherheitsdatenblätter
  • Emissionsprüfzeugnisse
  • Technische Merkblätter der Hersteller
  • Umweltproduktdeklarationen
  • Geruchsbewertung

Olfaktorische Quelle auf Grund eines Schimmelverdachts durch frühere Gutachten wurde geprüft. Für einen mikrobiell verursachten Geruch lagen jedoch bei der Bestandsaufnahme keine Indizien vor. Feuchtemessungen waren negativ. Bauteilöffnungen erbrachten keine Geruchsindizien.

Ergebnis der Geruchsprüfung/ Einschätzung:
Auffinden der Geruchsauslöser und geruchsauslösende Verbindungen gelang beim ersten Termin nicht. Sollten keine Geruchsauslöser im Innenraum gefunden werden, sollten noch die Außeneinflüsse geprüft werden, wie Folien und Außenputze.

Geruchsart

Beschreibung:

Chemisch (Kleber, Farbe, Säure) nicht mikrobiell von Bauherrschaft, Messtechniker R. Bender, KH Weinisch festgestellt.

Nur zeitweise, wahrscheinlich durch Wetterwechsel hervorgerufen und nach Lüftung/Raumnutzung verliert sich der Geruch wieder.

Geruchsindex

Beschreibung:

Zweifelsfrei vorhandenes + erhöhtes bzw. über das Norm Maß hinausgehendes Geruchsaufkommen lt. AG, aber nur zeitweise.

Wahrscheinlich durch Wetterwechsel hervorgerufen.

Im Laufe der Raumnutzung am Morgen verschwindet der Geruch wieder. Die Quelle ist bis dato nicht bekannt.

Geruchsnote

Beschreibung:

Gemäß Sachverständigem:
– Mittel – chemisch süß/säuerlich/dumpf
– Geruchsstärke 2,5 (alle)

Gemäß Auftraggeber:
– Stark – eher chemisch säuerlich stechend
– Geruchsstärke 3,5 (Bauherrin Frau K.)

Praxis-Tipp

„Die Geruchsprüfung ist im Bau-Rechtsstreit als Beweis- bzw. Indizienmittel in der Regel anerkannt.

Als Zeugen sind Sachverständige zugelassen, die über einen bestimmten Erfahrungshintergrund in diesem Geruchsproblembereich verfügen.

Wenn mehrere geruchssachkundige Personen einen Geruch als inakzeptabel bewerten, der innerhalb eines zumutbaren Zeitraumes nicht wieder auf ein akzeptables Maß zurückgeht, ist lt. Rechtsurteilen ein Reklamationsgrund berechtigt.“

Karl-Heinz Weinisch
IQUH

Lern-Hinweise

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„W-Fragen“

Fragen:

  • Warum wurde beim 1. Geruchsprüfungstermin und auch bei 2 folgenden Terminen kein Geruch festgestellt?
  • Wie lässt sich erklären, dass der Geruch immer nur früh morgens auftaucht und wieder in kurzer Zeit verschwindet?
  • Wie glaubhaft ist die Beschreibung von Frau Klinger und anderen Personen, die den Geruch eindeutig feststellten?
  • Wo können in diesem Gebäude sonst noch Gerüche auftreten?
  • Welche Vorinformationen wären zusätzlich noch nötig? (Werkplanungsdetails, Reiniger, Waschmittel, Möbel)
  • Wie könnte man sich nun auf die nächsten Termine vorbereiten?
  • Kommen die Gerüche aus Hohlräumen der Konstruktion oder direkt von den Oberflächen?
  • Warum kann der Geruch nur an bestimmten Tageszeiten entstehen und wie kann er sich schnell wieder abbauen?
  • Welcher Einfluss hat der Außenbereich?
  • Welche chemischen Prozesse könnten solch einen Geruch hervorrufen?

2.3. Orientierende Messung(en)

Die Story

Die orientierenden (Sensor) Messungen (CO2, Feuchte, Temperatur) an diesem 1. Ortstermin ergaben keine Indizien für eine Geruchsquelle oder auffällige Werte.

Da nach diesem ersten Kontakt und nach eingehender Befragung der Fam. Klinger und der Fa. Holzinger keine Indizien für eine Geruchsquelle ermittelt werden konnten, wurden wir aufgefordert noch weitere orientierende Messungen (VOC, Partikel, Wand- und Materialfeuchtewerte, Thermographie) durchzuführen, die jedoch ebenfalls keinen Hinweis für eine Geruchsquelle erbrachten.

Nachfolgend die Messergebnisse:

Schritt 1: CO2, Feuchte und Temperatur

Die Ergebnisse:

Temperatur-Messung

Messergebnisse Temperatur

Außen:
Im Normbereich 

WoZi EG:
Im Normbereich

EG:
Noch im Normbereich

Büro OG:
Im Normbereich

Co2-Messung

Messergebnisse CO2

Außen:
Im Normbereich

WoZi EG:
Im Normbereich

EG:
Noch im Normbereich

Büro OG:
Im Normbereich

Luftfeuchte

Messergebnisse Luftfeuchte

Außen:
Im Normbereich

WoZi EG:
Im Normbereich

EG:
Noch im Normbereich

Büro OG:
Hoch- Außerhalb Normbereich

Schritt 2: VOC

Die Ergebnisse:

VOC-Messung

Messergebnisse VOC

EG:
Im Normbereich

Schritt 3: Partikelmessung

Die Ergebnisse:

Partikel-Messung

Partikel-Messergebnisse

Innen EG:
Vergleichsmessung  unauffällig

Innen OG:
Vergleichsmessung  unauffällig

Schritt 4: Messung Formaldehyd

Die Ergebnisse:

Formaldehyd-Messung aussen

Messergebnisse Formaldehyd aussen

Messung außen = Nullstellung & Kalibrierung
Ergebnis: 00 µg/m3

Formaldehyd-Messung innen

Messergebnisse Formaldehyd innen

Schrank EG offen:
Ergebnis: 20 µg/m3

Schrank EG offen:
Ergebnis: 80 µg/m3

Schrank EG geschlossen:
Ergebnis: 180 µg/m3

Zimmer OG:
Ergebnis: 10 µg/m3

Schrank offen:
Ergebnis: 200 µg/m3

Schrank offen:
Ergebnis: 230 µg/m3

Schritt 5: Messung Elektrostatik

Die Ergebnisse:

Messung Elektrostatik

Messergebnisse Elektrostatik

Wandoberfläche Wohnzimmer/ EG:
Erhöhte Abklingzeiten

Verwendete Messgeräte:

Jetzt haben wir in diesem Fall ein Problem:
Da die Geruchsprüfungen und Sensormessungen zu keinem Ergebnis führten, musste eine neue Strategie vorgeschlagen werden.
Wie kommen wir weiter, falls Geruchsprüfung und Sensormessungen uns keine Indizien für die Geruchsquelle liefern? Die Messstrategie muss neu überdacht werden, wenn andere Sachverständige und ein Schimmelhund kein zufriedenstellendes Ergebnis vorgelegt hatten und wir die Geruchsquelle ebenso nicht gefunden haben.

  • Müssen wir Materialien entnehmen und im Labor untersuchen lassen?
  • Bringen uns weitere Raumluftsensormessungen zur Geruchsquelle?
  • Müssen doch am Ende noch teure und rechtsgültige Raumluftmessungen durchgeführt werden?
  • Sollten Oberflächenmessungen auf Wand/Decke/Boden erfolgen, um die Geruchsquelle zu finden?

Einen Einblick in eine Rechtssichere Messung erhalten Sie unten – Siehe „Exkurs: Einblicke in eine rechtssichere Messung“.

Noch zu erwähnen:Zwischenlösung:
Die Bauherrschaft versuchte dadurch die Geruchsquelle herauszufinden, indem Herr Klinger verschiedene Bauteile mit Folien luftdicht abklebte. Auch durch diese Methode an Wänden und Böden verschwand der Geruch nicht.

Praxis-Tipp

„Wenn Gebäudebewohner sich über längere Zeit an einen Geruch gewöhnt haben, dann fallen ihnen selbst starke Rauch-, Heizöl- oder Schimmelgerüche nicht mehr auf. Der evtl. gesundheitsschädliche Geruch wird hierbei dennoch als heimatlicher und vertrauter Geruch positiv wahrgenommen.

Ganz anders bei neuen Gerüchen nach einer Renovierung oder nach einem Umzug wird dieser manchmal alarmierend wahrgenommen. Der Geschmacks- und der Geruchssinn werden zusammengefasst als die chemischen Sinne des Menschen, da sie durch chemische Substanzen (Duftstoffe, Geschmacksstoffe) aktiviert werden.

Diese Stoffe werden von speziell konfigurierten Rezeptoren im Bereich der Zunge („Geschmack“) und der Nase („Geruch“) gebunden und lösen damit eine Signalkaskade aus, die über mehrere Stationen bis ins Großhirn weitergeleitet wird. Beide Sinne sind eng miteinander verknüpft und wirken meist zusammen. Da sie mit dem limbischen System verbunden sind, erfolgt immer auch eine subjektive Bewertung der Geruchs- und Geschmacksempfindung.

Einige Sinneswahrnehmungen wie z.B. die Geschmackswahrnehmung „scharf“ oder die Geruchsempfindung „Ammoniak“ werden über den Gesichtsnerv wahrgenommen. Neben den genannten Empfindungen sind die chemischen Sinne auch für die Auslösung bestimmter, (aus evolutionsbiologischer Sicht) überlebenswichtiger Reflexe zuständig.

Wir wurden zwar spät zu diesem Fall hinzugezogen, aber dennoch zeigt uns der ganze Ablauf, dass leider viel zu schnell mit teuren Verfahren gemessen wird. Laboranalysen machen auch Sinn, aber man sollte zuerst die einfacheren Verfahren durchführen. Hätte man von Anfang an noch intensiver nach der Geruchsquelle gesucht, hätte man den Geruch am Vorhang evtl. schneller entdecken, den Stress vermeiden und viel Geld (ca. 15.000 € Gesamt-Analysekosten) sparen können.“

Karl-Heinz Weinisch
IQUH

Lern-Hinweise

Der rechtliche Hintergrund für diesen Geruchsmangel ist zu diesem Zeitpunkt im Verfahren noch nicht klar, jedoch wurden bisher lt. bisherigen Gutachten alle Innenraumrichtwerte eingehalten.

Herr Holzinger (der AN) muss vermutlich keine Rechtsprobleme wegen einer Schadstoffbelastung befürchten, jedoch will er die AG befrieden und alles tun, damit die Quelle gefunden wird.

Über sensorische Prüfungen haben wir nichts erreicht, die Bestandsaufnahme erbrachte keine Verdachtsmomente, die Gutachter fanden nichts heraus und daher wurde das normale Analyseverfahren abgeschlossen.

Herr Klinger (der AG) bestand nun darauf, dass noch weitere normen- und rechtsichere Messverfahren angeboten und durchgeführt werden sollten, da seine Frau sehr besorgt um die Gesundheit der Kinder war und weil sie von dem eigenartigen Geruch auf eine Schadwirkung schloss.

Das Wissen über mögliche Gesundheitsgefahren durch Innenraumschadstoffe hatte sie aus dem Internet – Angst bekam sie durch die vielen „gutgemeinten“ Ratschläge der selbsternannten Experten.

Als Lernhinweis empfehle ich eine Internetrecherche mit Google. Bitte finden Sie Texte, in denen Bauunternehmen oder Sachverständige vor „Gesundheitsproblemen wegen Baustoffen oder Innenraumschadstoffen“ warnen – was sie eigentlich nicht dürften. Übrigens darf in der Werbung eine „gesunde“ Bauweise auch nicht versprochen werden.

„W-Fragen“

Fragen:

  • Warum sind Geruchs- und Sensorprüfungen in diesem Fall nicht ausreichend?
  • Wie sind Geruchsprüfungen durchzuführen, damit sie rechtssicher und normengerecht sind?
  • Welche Messstrategie ist nun zu wählen, obwohl nach langem Suchen die Quelle nicht gefunden wurde?

Exkurs: Einblicke in eine rechtssichere Messung – bitte klicken!

Daraufhin sollten wir zusätzlich noch rechtssichere Messverfahren in der Raumluft und an Oberflächen anbieten. Zu diesem Zweck haben wir uns extra Probenahmecontainer aus Edelstahl mit ca. 70 ltr. Rauminhalt hergestellt, um Emissionen der Oberflächen von Wand-Decke-Boden direkt messen zu können.

Diese Oberflächenmessungen sollten dann mit den normgerecht ermittelten Raumluftmesswerten verglichen werden um auffällige Emissionswerte vergleichen und dadurch die Quelle finden zu können.

Hinweis: Um einen tieferen Einblick zu bekommen, finden Sie mit klick auf den Pfeil rechts die weiteren Informationen zur rechtssicheren Messung in diesem Fall.

Planung der Begehung des Umfeldes und der Innenräume mit einem von uns ausgebildeten Sachverständigen (Schreiner, Messtechniker) aus dem Raum Frankfurt, der uns bei der Messtechnik unterstützte.

Erstellung eines Angebotes für die aufwändigen Spezialmessungen in der Raumluft und in den Edelstahlcontainern von geruchsintensiven mittel- bis schwerflüchtigen VOC.

Bilder von den Messungen:

Raumluftmessung: Erstellung eines weiterführenden Messberichts:

Alle orientierenden Raumklima- und Raumluftmessungen hatten zu keinem Ergebnis geführt.
Es werden Raumluftmessungen (normen- und rechtssicher) vorgeschlagen.
Zusammen mit einem Messtechniker werden diese Messungen angeboten, geplant und durchgeführt.

Nachweis über Silicagel Messung, TENAX TVOC Messreihe.
Die Messung gemäß DIN 16000ff wurde ohne Lüftungsanlagen oder Fensterlüftung und im WorstCase Verfahren durchgeführt.

  • Nullmessung außen auf Glas mit TENAX und Silikagel Proberöhrchen
    Ziel: Messung der Verunreinigungen in der Alubox und der Umgebung
  • Emissionsmessung auf der Putzoberfläche außenseitig Außenwand mit TENAX und Silikagel
    Proberöhrchen
    Ziel: Messungen der Emissionen aus der Außenwand 1 Farbe 1 Putz 1 Dämmschicht
  • Emissionsmessung auf der Putzoberfläche innenseitig Außenwand mit TENAX und Silikagel
    Proberöhrchen
    Ziel: Messung der Emission aus der Wand l Farbe l HWF platte l Gipsplatte unter Luftabschluss
  • Emissionsmessung auf der Bodenoberfläche oberseitig Parkett mit TENAX und Silikagel
    Proberöhrchen
    Ziel: Messung der Emission aus dem Bodenbelag l Kleber l Estrich unter Luftabschluss
  • Emissionsmessung im Möbel WoZi EG innenseitig mit TENAX und Silikagel Proberöhrchen
    Ziel: Messung der Emission aus Möbel unter Luftabschluss
  • Emissionsmessung Vorhang im Westteil WoZi EG mit TENAX und Silikagel Proberöhrchen
    Ziel:Messung der Emission aus dem Vorhang unter Luftabschluss

 

Ein sonderbarer Geruch brachte uns auf den richtigen Weg:

Die Story

PROBLEMLÖSUNG
Die Lösung war olfaktorisch-sensorisch über eine zufällig vorgenommene und erneute Geruchsprüfung direkt an allen Vorhängen möglich! Nur die Vorhänge an den Terrassentüren rochen auffällig stark chemisch-sauer. Alle anderen Vorhänge rochen neutral und alle wurden zur gleichen Zeit mit dem gleichen Waschmittel gewaschen. Welcher Zusammenhang ist hier möglich?

  • Außen war ein Geruch am Terrassenbelag schwach wahrnehmbar – EG Westseite an den Terrassentüren vom WoZi.
  • Man entschloss sich die Terrasse zurückzubauen.
  • Der Geruch der Hölzer und Folien war unauffällig.
  • Nun wurde der Dämmaufbau entfernt und an der Metallschürze war derselbe Geruch wie am Vorhang wahrnehmbar.

PVC beschichtetes Schutzblech unter Terrassentür in Verbindung mit Bitumendichtmasse – unter Einfluss von Wärme ( Temperaturwechsel und Sonneneinstrahlung ) und Tageszeit- und Feuchtewechsel führte über Kompri-Dichtbänder und/oder geöffnetem Fenster bei geeigneter Wetterlage zur Geruchsauffälligkeit im Innenraum.

3.1. Ergebnis-Aufbereitung

Die Story

Sämtliche Protokolle und Bestandsaufnahmeformulare zur Hilfe bei der Indiziensuche und Möglichkeit allen Beteiligten eine einheitliche Informationsgrundlage zur Verfügung zu stellen.

  • Gesprächsprotokoll,
  • Geruchsprüfungsbogen,
  • Raumklimamess-Protokoll
  • Vorläufiges Ergebnis ohne ein Indiz für die Geruchsquelle. Alle Sensor-Werte (Geruch, CO2, VOC, Formaldehyd, Feuchte, Temperatur) lagen im Normbereich. Bei allen Ortsterminen hat sich der Geruch schon wieder aufgelöst, den die AG beanstandeten.

Darstellung des Geruchsproblems vor Ort und ein zweifelsfrei vorhandenes + erhöhtes bzw. über das Norm Maß hinausgehendes Geruchsaufkommen. Der Geruch wird nur zeitweise und wahrscheinlich auch durch Wetterwechsel hervorgerufen und nach Raumnutzung und Lüftungstätigkeit verschwindet der Geruch wieder. Grundsätzlich muss entschieden werden, ob eine Unterscheidung zwischen chemisch oder mikrobiell auffällig getroffen werden kann.

Geruchsbewertung
Olfaktorische Quelle auf Grund eines Schimmelverdachts durch frühere Gutachten wurde geprüft. Für einen mikrobiell verursachten Geruch lagen jedoch bei der Bestandsaufnahme keine Indizien vor. Feuchtemessungen waren negativ. Bauteilöffnungen erbrachten keine Geruchsindizien.

Einschätzung
Auffinden der Geruchsauslöser und geruchsauslösende Verbindungen gelang beim ersten Termin nicht. Sollten keine Geruchsauslöser im Innenraum gefunden werden, sollten noch die Außeneinflüsse geprüft werden, wie Folien und Außenputze.

Praxis-Tipp

Gerüche müssen nicht immer auch gesundheitsschädlich sein oder einen Bauschaden ankündigen, sind aber ein wichtiges Indiz.

Richtig Grenz-, Richt- und Orientierungswerte beraten bei Schadstoffen.

Schimmelhund Ergebnisse nicht falsch interpretieren.

Das Schüren von Angst und Panikstimmung ist dringend zu vermeiden.

Folgende Fragen entstehen in den letzten Jahren vermehrt und es kommt zu Reklamationen wegen Gerüchen, die nur bestimmte Personen wahrnehmen. Die VOC (Geruch) Messung direkt auf den Oberflächen brachte uns auch nicht weiter.

Warum riecht es im Zimmer gerade an manchen Vorhängen? Warum ist der Geruch für die Bewohner ungewöhnlich und inakzeptabel, obwohl keine Richtwertüberschreitungen durch Raumluftmessungen festgestellt wurden für die Raumluft? Welche Rolle spielen Autosuggestionen wie Nocebo- und Placebo-Effekte beim Bewohner?“

Karl-Heinz Weinisch
IQUH

Lern-Hinweise

Der chemisch-saure Geruch entstand durch eine chemische Reaktion zwischen Bitumen und PVC.

Für das Protokoll oder einen Bericht sollte man die Geruchsentstehung auch für Laien vermitteln können.

Die Chemolyse zwischen 2 verschiedenen Baustoffen wie Grundierung und Kleber ist zu beachten, vor allem, wenn sie nicht vom gleichen Hersteller stammen.

Chemische Reaktionen erklärt:

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Exkurs: Hat man einen mikrobiellen Geruch (Feuchte, Bakterien, Schimmel etc.) im Verdacht, kann auch ein Schimmelspürhund weiterhelfen. Wir empfehlen jedoch nur seriöse Hundeführer, wie Frau Besemer im Film bei der Arbeit:

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„W-Fragen“

Fragen

  • Werden Richtwerte für Innenräume überschritten?
  • Wie ist die Raumklimagüte einzuschätzen?
  • Welche mittel- bis schwerflüchtigen Geruchsstoffe sind messbar?
  • Wo sitzt die Geruchsquelle?
  • Welcher Baustoff ist der Verursacher?

3.2. Protokoll verfassen

Die Story

Raumluftmessungen:
Oberflächenmessungen wurden beauftragt, vom Sachverständigen SV durchgeführt und vom Labor ausgewertet. Auswertungen ergaben aber keine weiteren Indizien zur Geruchsquelle. Schad- oder Gefahrstoffe im VOC Bereich konnten ausgeschlossen werden. Da der AG auf eine restlose Geruchsbeseitigung bestand, musste die Geruchsquelle weitergesucht werden.

Zitat Prüfbericht – Materialprüfung „Bituminöser Anstrich“ vom 11.05.15 :

„Eine Geruchsbildung, die auch in die Innenraumluft gelangen kann, wird höchstwahrscheinlich durch eine Kombinationswirkung zwischen den Teeranstrichen und der farb- und kunststoffbeschichteten Metallabdeckung an den Terrassentüren entstehen, die durch Klimaschwankungen noch verstärkt werden kann.

Es konnte schon beim letzten Ortstermin am 18.04. 2015 10.00 h nachgewiesen werden, dass das Gemisch aus Bitumen – Styropor – Metallverblendung einen extremen Geruch entfalten kann, was dann bei verschiedenen Wetterlagen zu einer temperatur- und feuchteinduzierten Umkehrdiffusion an der Außenwand, am Übergang Holzschweller zur Betonplatte und an den Terrassentüranschlüssen führen kann und daher sicher die Quelle des chemischen Geruchs im Innenraum ist.

Nur so lässt sich auch der extreme Geruch in den Vorhängen im Erdgeschoss erklären, den wir feststellen konnten, und der von uns in den Vorhängen im Obergeschoss nicht festgestellt werden konnte.“

Zusammenfassung der Ergebnisse:

  • Alle vorliegenden externen Gutachten erbrachten keine verwertbaren Ergebnisse.
  • Der (Bauherr) AG bestand auf Reklamation eines „inakzeptablen Geruchs“ und drohte mit einem Rechtsstreit.
  • Wichtig sind hierbei eine gute Bestandsaufnahme, Archivierung, Bilddarstellung, ausreichende Messungen und die Auswertung von Fragebögen zum Problemfall.
  • Alle bekannten Messverfahren in der Innenraumanalytik erbrachten kein verwertbares Ergebnis zur Geruchsquelle.
  • Geruch kam nicht von innen sondern entstand außen durch die chemische Unverträglichkeit 2er Materialien – Bitumen contra Polyvinylchlorid/PVC – und konnte durch die Fensterabdichtung nach innen durchdiffundieren
  • Die Bauherrin hatte den besten „Riecher“.

Dieser spezielle Fall belegt, dass nicht immer und nur alleine durch eine gute Sachkunde oder Erfahrung ein Fall gelöst wird und „Kommissar Zufall“ zur eigentlichen Problemlösung den entscheidenden Impuls dazusteuerte.

Letztendlich ist aber auch festzuhalten, dass die „Spürnase“ das wichtigste Detektionsmittel eines MdR sein kann!

Praxis-Tipp

Es sind Herstellerempfehlungen bekannt, die von einer Beschichtung von z.B. PVC – beschichteten Blechen mit bituminösen Produkten abraten – siehe auch: http://bslindustrie.cz/de/roofplan-kunststoffbeschichtete-bleche.html

Karl-Heinz Weinisch
IQUH

Lern-Hinweise

Siehe auch „Kapitel 1: Werkstoffkunde“

„W-Fragen“

Fragen

  • Wie kann man den Geruchsbezug vom Vorhang an den Terrassentüren zur Beschichtung der Sockelanschlüsse außen herstellen?
  • Welcher Geruchsweg durch die Außenwand ist möglich?
  • Warum ist eine luftdichte Außenwand nicht geruchsdicht?
  • Wie kann man feststellen, ob solch ein Geruchsmangel gesundheitsschädlich ist?
  • Wie konnte der Geruch entstehen?

4.1. Sanierungsvorschläge ausarbeiten

Die Story

Die Geruchsquelle konnte durch den Rückbau der Teerabdichtung und PVC Blechverkleidung somit entfernt werden.

Eine Entfernung der geruchsauslösenden Abdichtungen an den Terrassentüren im EG war ausreichend, da nur über die Fensterabdichtungen – Kompribänder der säureartige Geruch in die Räume diffundieren kann.

Der Weg über den normalen Wandaufbau der massiven Außenwände ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht möglich. Da hierfür die Außendämmung inkl. Putz zurückgebaut werden mussten, war nun der fachlich korrekte Wiederaufbau zu vergeben.

Wir wurden gebeten im Raum Frankfurt einen kompetenten Stuckateur für die Wiederherstellung der vormals verwendeten Putzoberflächen zu empfehlen. Wir empfahlen einen Handwerker, der bei uns Weiterbildungsmaßnahmen besuchte, mit der Beauftragung.

Die nach dem Rückbau vorgesehenen Materialien sollten vorsorglich abgesprochen werden und müssen geprüft und geruchsunauffällig sein.

Praxis-Tipp

„Nicht nur der Wiederaufbau der Außendämmputzflächen wurde im Zuge der Sanierung beraten, sondern auch die Nutzung und die hygienisch korrekte Reinigung der Lüftungsanlage.

Hierzu sollte auch eine Fachfirma hinzugezogen werden (Netzwerkgedanke), die ebenso eine mikrobielle Prüfung der Rohrleitungen durchführt und einen Filterwechsel anbietet. Anschließend sollte eine Lüftungsberatung erfolgen, wie mit Lüftungsanlagen im Jahresverlauf verfahren werden sollte und wie man mit zusätzlicher Querlüftung die Wohnqualität und das Raumklima und folglich die Gesundheit positiv beeinflussen kann.

Eine Auswahl geprüfter und umweltverträglicher Wasch-, Reinigungs- und Pflegemitte wurde ebenfalls empfohlen.“

Karl-Heinz Weinisch
IQUH

Lern-Hinweise

haben Sie ein Netzwerk von guten Handwerkern aus unterschiedlichen Gewerken die Sie bei besonderen  Fragestellungen um Rat fragen können?

Wenn nicht dann sollten Sie sich dieses Netzwerk aufbauen.

„W-Fragen“

Fragen

  • Wäre ohne Rückbaumaßnahmen von Bitumendichtmassen und PVC beschichteten Blechen der Geruch irgendwann zurückgegangen?
  • Wodurch können eher feste und vermeintlich geruchsfreie Stoffe auch riechen?
  • Warum ist das Wissen um Prozesse an Baustoffen wie Hydrolyse, Chemolyse, Thermolyse und Photolyse von Baustoffen bei solch einer schwierigen Quellensuche hilfreich? (Bitte recherchieren)
  • Warum ist die Vermeidung von Trocknungs- oder Verarbeitungsfehlern gerade bei organischen Materialien aber auch bei Mischmaterialien besonders wichtig?
  • Wäre Frau Klinger der Geruch auch aufgefallen, wenn sie generell die Lüftungsanlage hätte laufen lassen?

4.2. Empfehlungsschreiben

Die Story

Auf Grund der Raumluftmessungen und der niedrigen Messwerte konnten wir keine Indizien für eine Gesundheitsgefährdung feststellen. Als die Familie Klinger erwähnten, dass sie das Haus wiederverkaufen wollten, gaben wir Ihnen den Rat es zu behalten, da alle VOC Messwerte sehr gut ausgefallen waren und ein neues Haus höchstwahrscheinlich keine bessere Luftqualität bieten würde.

Der intensive Vorhanggeruch (chemisch-sauer) war sehr schwach im Tagesverlauf und in der Raumluft wahrnehmbar. Nichtsdestotrotz kann er zu einer starken psychischen Belastung der Bewohner führen – der sogenannte NOCEBO Effekt. Er kann sich bei manchen Menschen so stark auswirken, dass er wie bei unliebsamen Lebensmitteln, zu Abneigungen, Ekel, Blutdruckkrisen und Übelkeit führen kann. Wissenschaftlich fundierte Nachweise zu diesem NOCEBO Phänomen können in den Lernhinweisen nachgeschlagen werden.

Praxis-Tipp

WIR SIND VERPFLICHTET IN UNSERER BERATUNG POSITIVE LÖSUNGEN AUSZUARBEITEN, DIE DIE MENSCHEN NICHT VERUNSICHERN SONDERN AUFMUNTERN. DAS GESCHÄFT MIT DER ANGST LEHNEN WIR AB. GESUNDHEITLICHE EINSCHÄTZUNGEN SIND NICHT UNSER THEMENGEBIET UND WERDEN NUR DEN MEDIZINERN ZUGEMUTET.

„Der Nocebo-Effekt (von lat. nocere = schaden, nocebo = ich werde schaden) ist – analog zum Placebo-Effekt (lat. placebo = ich werde gefallen) – die Bezeichnung einer negativen Reaktion auf einen Umwelteinfaktor (vgl.: Pharmazie-auf ein Medikament) ohne spezielle Wirkung.

Im Gegensatz zur positiven Wirkung beim Placebo-Effekt erfolgt beim Nocebo-Effekt eine negative Erwartungshaltung und möglicherweise psychosomatische Reaktionen, bis hin zu Angstzuständen. Bei diesem Effekt muss nicht einmal ein Stoff verabreicht werden.

Von Nocebo-Effekten zu unterscheiden sind reine Unverträglichkeitsreaktionen wie beispielsweise Reizungen, immunologische Störungen und Allergien, die durch bestimmte Stoffe verursacht wurden.

Bei Placebo-Effekten bewirken positive psychische Erwartungen somatische Veränderungen.

Placeboeffekte können durch das Hervorrufen von Erwartungshaltungen oder durch einen konditionierten Reiz ausgelöst werden. Die ausgelösten neuronalen Aktivierungen im Gehirn können den Stoffwechsel beeinflussen und dadurch positive körperliche Reaktionen bewirken.“

Karl-Heinz Weinisch
IQUH

Lern-Hinweise

In diesem Lernbereich wird empfohlen, in den Literaturhinweisen diejenigen Textstellen herauszusuchen, die auf die Unterscheidung von mineralischen (anorganische Chemie der Metalle und Mineralien/Steine) und organischen Materialien (organische Chemie des pflanzlichen und fossilen Ursprungs) unterscheidet.

Die Herkunft, Verarbeitung und Mengenverhältnisse der Rohstoffe in den Baustoffen ist entscheidend für deren Schadstoffabgaben, deren Einflüsse auf das Raumklima und auf das Wohlbefinden der Bewohner.

„W-Fragen“

Fragen

  • Warum kann es in luftdicht gebauten Gebäuden ohne RLT Anlagen zu Fehlgerüchen kommen?
  • Wie konnte sich bei Frau Klinger der NOCEBO Effekt entwickeln?
  • Welche Taktik, die von vielen Beratern und Sachverständigen eingesetzt wird, führt beim Auftraggeber zur unbegründeten Angst vor möglicherweise ungefährlichen Gerüchen?