Der „Behaglich-Fall“:
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Liebe Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Kurs „Meister des Raumklimas“,
Ein den Bedürfnissen des Menschen entsprechendes Innenraumklima führt zu einer nachhaltig positiven Wirkung auf Gesundheit, Leistung, Zufriedenheit und Wohlbefinden. Welche innenraumbedingten Störfaktoren können sogar Gesundheitsstörungen beim Raumnutzer auslösen?
Nicht nur die zu warmen oder zu kalten Klimabedingungen können zu Missempfindungen führen, sondern auch andere wissenschaftlich fundierte Störfaktoren wie Schadstoffe, Kunstlicht oder Hausstaub gilt es zu berücksichtigen, zu regulieren oder ganz abzustellen. Auswirkungen auf die Gesundheit wegen inakzeptabler Brand-, Schimmel- oder Baustoffgerüche sind erwiesen. Welche Unterscheidung besteht zwischen Wirk-, Schad- und Gefahrstoffen und wie beeinflussen sie unsere Gesundheit und ab welchen Mengen?
Es wird nach biologischen (z.B. Schimmel, Milben), chemischen (z.B. Formaldehyd, CO2) und physikalische Störfaktoren (z.B. Elektrostatik) unterschieden, die die Wohngesundheit beeinflussen können. Pflege- und Reinigungsmittel können zusätzlich das Raumklima negativ beeinflussen. Ein angepasstes Lüftungs- und Hygieneverhalten ist gerade bei Um- oder Neubauten intensiv zu beraten.
Ein subjektives Behaglichkeitsprofil mit Fragebogen ist neben der Messmethodik ebenso aufschlussreich um negative Störfaktoren in Innenräumen ausfindig zu machen.
Einleitung:
Mit der neuen „Behaglichkeitsnorm“ DIN EN 15251 steht ein Werkzeug zur Verfügung, mit dem sich Behaglichkeit umfassend bewerten lässt. Sie liefert Kriterien für den thermischen, akustischen und visuellen Komfort und die Luftqualität. Außerdem fließt die Erwartungshaltung der Nutzer ein und Gebäude mit maschineller Kühlung werden anders bewertet als ohne. Wird damit ein besseres Klima zur Pflicht? Wie sieht dieses „verbesserte Raumklima“ aus? Lässt sich das Raumklima im Einklang mit dem nachhaltigen und Energie sparenden Bauen realisieren?
Die wohnklimatischen Bedingungen in Innenräumen, Schulen und Arbeitsstätten werden von Mensch zu Mensch unterschiedlich empfunden. Das Wohlbehagen in Räumen ist wesentlich von Faktoren wie Geruch, Licht, Lufttemperatur, Temperatur der Oberflächen wie zum Beispiel der Wände, relativer Luftfeuchtigkeit, Luftzug und Frischluftwechselrate aber auch Farben und Haptik der Oberflächen abhängig. Schon wegen nur einem mangelhaften Kriterium kann es sein, dass Menschen sich in einem Raum nicht wohlfühlen. Darüber hinaus spielen die individuelle Kleidung und die körperliche Aktivität im Raum eine Rolle.
Protagonisten des Falls:
- AG – Auftraggeber, Holzwerkstoffhersteller (Verwaltungsgebäude in Österreich)
- Ang – Angestellte des AG
- GU (Planer, Generalunternehmer schlüsselfertiger Holzbau)
- TUM (Sachverständige für Bauphysik, Forscher der Technischen Universität München)
- IQUH (Messtechniker für Raumklima- und Raumluftmessungen)
Fragestellung Feldforschung TUM/IQUH:
- Bauphysikalisches Verhalten in der Praxis (Theorie, Norm <> tatsächliches Verhalten in der Praxis)
- Einfluss Raumluftgüte und Behaglichkeit (VOC etc.)
- Wohngesundheit
Fragestellung IQUH:
- Welche Raumluft(klima)konzentrationen von flüchtigen Verbindungen (VOCs, TVOC) können in der Raumluft von verschiedenen Büroräumen gemessen werden?
Herzliche Grüße und einen spannenden Fall „Wohnbehaglichkeit – Studie in Büroräumen“ wünschen
Karl-Heinz Weinisch/ Dr. Roland Falk



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1.1. Erfassung Problemstellung
Praxis-Tipp
„Dem Raumklima an Arbeitsplätzen und Schulen/Kitas gilt aktuell ein besonderes Interesse und das nicht nur, weil wegen der Corona Regelungen vermehrt auf Lüften geachtet werden muss. Weithin bekannt war schon vor der Coronakrise das CO2 Problem in Schulen und Büroräumen und die viel zu trockene Atemluft, die für unnötige Erkältungskrankheiten und wegen Schleimhautaustrocknungen für einen mangelhaften Schutz gegenüber Raumluftschadstoffen verantwortlich ist.
Die Technische Universität München und die Mitarbeiter des IQUH beschäftigen sich schon seit vielen Jahren mit der Messtechnik und Optimierung der Raumklimafaktoren und Raumluftqualität. Wichtig ist, dass kein Raumklimafaktor außer acht gelassen wird, um menschengerechte Raumverhältnisse herzustellen.“
Karl-Heinz Weinisch
IQUH
Lern-Hinweise
BMW-Group – Das grüne Büro der Zukunft?
Ermittlung und Beurteilung chemischer Verunreinigungen der Luft von Innenraum-Arbeitsplätzen
BAuA – Handbuch der thermischen Behaglichkeit – sommerlicher Kühlbetrieb
1.2. Befragung per Telefon/ Email
Praxis-Tipp
„Ein gutes Arbeitsklima definiert sich durch unterschiedliche Einflussbereiche. Wie können sich MdR in diese Diskussion um Arbeitsplatzbewertungen in der Verwaltung oder in Bildungseinrichtungen einschalten?
Den Bauwilligen und Arbeitgebern muss klar werden, das berufliche Zufriedenheit nicht nur vom guten Lohn, der Anerkennung und den zwischenmenschlichen Interaktionen abhängt.
Auch die PC- und Sitzmöbelausstattung, das angenehme künstliche Licht oder eine klimaausgleichende Lüftungs- und Kühlanlagentechnik sind wichtig, aber möglichst geruchsarme bzw. geruchsreduzierende Baustoffe und Möbel sind ebenfalls zu berücksichtigen.
Diese grundsätzlichen Beratungsinhalte garantieren den Arbeitgebern eine höhere Leistungsfähigkeit, rückgängige Krankmeldezahlen und eine höhere Arbeitsplatzattraktivität. Den Bauunternehmen sichern hochwertigere Raumausstattungen auch interessantere und lukrativere Aufträge.“
Karl-Heinz Weinisch
IQUH
Lern-Hinweise
Der Mensch in Räumen – Risiko oder Behaglichkeit?
Auslegungskriterien für thermische Behaglichkeit
Physikalisch begründete Behaglichkeit
1.3. Befragung vor Ort
Praxis-Tipp
„MdR können mit Sensor-Datenlogger die Klimaüberwachung in Schulen oder in Büros anbieten bzw. mit der Datenauswertung eine wertvolle Unterstützung für Gebäudebetreiber und Raumnutzer sein.
Vergleichende Messungen zeigen, dass Oberflächenmaterialien die Raumklimawerte nachhaltig beeinflussen, daher kann die Oberflächenqualität auch die Atemluftqualität verbessern.“
Karl-Heinz Weinisch
IQUH
Lern-Hinweise
Kommentierte Gestaltungshinweise zur Büroarbeit

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2.1. Sichtprüfung
Praxis-Tipp
„Gerade in den hochmodernen luftdichten Gebäuden ist es wichtig alle Einflussparameter für die Wohnbehaglichkeit im Auge zu behalten.
Außenluftbedingungen (Straßenverkehr, Industrie, Landwirtschaft) gilt es genauso zu betrachten wie Stockwerksbegehungen vom Keller bis zum Dachgeschoss und die Überprüfung der Haustechnik wie Lüftung und Beschattung und ob sie auch unter extremen Nutzer- oder Klimabedingungen noch richtig gesteuert wird.“
Karl-Heinz Weinisch
IQUH
Lern-Hinweise
Bitte schauen Sie sich die nachfolgende Literatur über Beschattung an:
Hitzeschutz im Sommer
Hitzeschutz am Arbeitsplatz
2.2. Geruchsprüfung
Praxis-Tipp
„Für eine Bewertung der Raumluft sind diese VOC Reduzierungen enorm wichtig.
Ein weiterer wichtiger Faktor für ein gutes Raumklima ist die Feuchteausgleichswirkung der Oberflächen. Diese hängt davon ab, ob durch die innere Materialstruktur die Feuchtigkeit gut aufgenommen aber auch genauso gut wieder abgegeben werden kann.“
Karl-Heinz Weinisch
IQUH
Lern-Hinweise
Bitte schauen Sie sich nachfolgendes Dokument genauer an:
Geruchsprüfung/ Geruchsleitwerte
2.3. Orientierende Messung(en)
Praxis-Tipp
„Alle Nadelhölzer für Holzgebäude sind geruchlich auffällig und MdR können Gegenmaßnahmen empfehlen.
Der Einsatz von Lüftungsempfehlungen, RLT-Anlagen oder geruchsbindenden. Beschichtungen wird zukünftig immer wichtiger, weil wir uns zwangsläufig immer mehr in Innenräumen aufhalten.“
Karl-Heinz Weinisch
IQUH
Lern-Hinweise
Lernempfehlung zur Messtechnik:

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3.1. Ergebnis-Aufbereitung
Praxis-Tipp
„Mit dem Behaglichkeitsprofil findet man heraus, ob ein Unwohlsein am Arbeitsplatz bei den Mitarbeitern von einer sozialen Ungerechtigkeit, von der Arbeitsplatzposition/-gestaltung oder einem Raumklimafaktor kommen könnte.
Die Raumklimadaten führen zur Erkenntnis, ob eine Befindlichkeitsstörung von der Haustechnik oder der Zugluft oder den Lichtverhältnissen kommen könnte.
Die Raumluftdaten zeigen auf, ob die Baustoffe oder Raumausstattungen unzulässige Emissionen und Gerüche abgeben.“
Karl-Heinz Weinisch
IQUH
Lern-Hinweise
VOC Messergebnis Zirbe-Ficht-Kiefer mit Lüftung inkl. Emissionsquellen:
VOC Messergebnis Kiefer mit und ohne Lüftung:
Behaglichkeitsfragen – Ergebnis:
Vorlage zum Herunterladen:
Hier finden Sie – als Word-Dokument – einen Fragebogen der TUM zur Behaglichkeitsempfindung von Nutzern von Bürogebäuden:
Zum Downloaden bitte hier klicken: Fragebogen – Nutzer von Bürogebäuden
Sowohl für MdR aber auch für Messtechniker für Raumluftanalysen sind Protokolle zu den Eingangsprüfungen (Sicht-, Geruchs-, Klimadaten) wichtig, da sie als Indizien oder Beweise für ein Unwohlsein der Raumnutzer wichtige Informationsquellen sein können. Für Raumluftmessungen sind solche Protokolle generell Pflicht, um ein Messergebnis richtig interpretieren zu können, da bei außergewöhnlichen Wetterlagen, Raumklimaextremen oder Fehlgerüchen die Messergebnisse anders gewichtet werden müssen.
Im Ergebnis der Raumluftwerte kann man in der letzten Spalte schön rauslesen, wo die anfangs festgestellten Geruchsquellen zu vermuten sind oder welcher Baustoff, welches Möbelstück oder welcher Reiniger für die hohen VOC Messwerte verantwortlich sein könnte.
3.2. Protokoll verfassen
Praxis-Tipp
„Immer wieder müssen wir feststellen, dass die vom Fachplaner dimensionierten RLT-Anlagen nicht die berechneten Leistungszahlen am Schul- oder Arbeitsplatz erfüllen.
Die Steuerungs- und Regeltechnik wird hinsichtlich ihrer Alltagstauglichkeit auch von vielen Experten bemängelt.
Luftdicht gebaute Innenräume werden zukünftig ganz sicher neben einem Frischluftaustausch auch technische Vorrichtungen benötigen, die eine ausreichende Feuchteregulierung und eine Kühlung im Sommer bietet.“
Karl-Heinz Weinisch
IQUH
Lern-Hinweise
Sie finden Erklärungen zu den Messergebnissen in nachfolgendem Film/ Audiokommentar.
Darunter die Charts als Bilder, die Sie durch Anklicken vergrößern können.

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4.1. Sanierungsvorschläge ausarbeiten
Praxis-Tipp
„An diesem Fallbeispiel konnte aufgezeigt werden, dass auch bei sehr hochwertigen Gebäuden, wo schon bei der Planung auf eine ökologische, nachhaltige und wohngesundheitliche Optimierung geachtet wurde, trotzdem sehr viel bzgl. der Raumakzeptanz oder dem Wohlbefinden noch schief gehen kann.
Die RLT Anlagen sind aufwändig geplant, aber die Steuerung hat bis heute nicht zufriedenstellend funktioniert. Niemand dachte an die Beschattung im Treppenhaus, weil die Erfahrung oft fehlt, wie sich in einem optimal gedämmten Haus die Sonnenstrahlen als Wärmefalle darstellen und für sehr viel Unbehagen sorgen können.
In nahezu luftdicht gebauten Gebäuden können stark riechende Putz- und Reinigungsmittel zu einer unerwarteten und inakzeptablen Geruchsintensität beitragen.“
Karl-Heinz Weinisch
IQUH
Lern-Hinweise
Bitte lesen Sie sich dieses pdf-Dokument aufmerksam durch:
Krank durch trockene Luft
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